von Hubert Schierl
Wie ist das eigentlich, wenn Du Dich eingesperrt fühlst – dummes Gefühl, oder ?
Irgendwie ging es mir in meinen früheren Jahren auch so. Ich wollte raus..... Meine Frau durfte das ja als rumänische Staatsangehörige, sie durfte in alle Richtungen reisen, keiner hatte was dagegen. Unsere Jungs durften das auch, denn auch sie waren unter den Schirm des grossen Genossen Nikolaus Ceausescu gekommen und hatten dessen Staatsangehörigkeit. So war ich nun der einzige „Ausländer“ in dieser Familie, die in der DDR lebte, aber doch nicht zugehörig war. Komisches Gefühl, das. Irgendwie lebten wir in einer Nische, die wir eigentlich nicht wollten, die uns aber doch recht gut tat. Denn Freizügigkeit war und ist ein hohes Gut. Und so recht zu schätzen weiß nur der es, der es nicht hat oder erst neu erwerben muss. So habe ich nun bis zum Jahr 1984 meine Familie auf Bahnsteig 4 in Richtung Hof verabschiedet und auf Bahnsteig 3 wieder in Empfang genommen.
Die Jungs erzählten mir, wie sie mit den DDR - Grenzern und - Zöllnern rumgealbert haben, wie sie denen erklärten, dass es beim „Onkel Ernst“ in Helmbrechts „Nutella“ gibt und ihnen zu erklären versuchten, dass sie doch auch mal dorthin fahren sollten. Wie die Genossen von der Grenze damit leben konnten, dass Kinder ihnen die Wahrheit sagten, weiss ich nicht, aber die Jungs sind mit ihrer Mutter immer wieder gut nach Hause gekommen und sie hielten das, was sie erleben durften, für ganz selbstverständlich. Sie haben die Grenze auch von der anderen Seite gesehen und wußten, wohin der Stacheldraht zeigte. So war das halt, wenn man in einer internationalen Familie lebte. Heute hätte man dafür ganz andere Begriffe: Multi-Kulti oder so...... Bis zum Jahr 1984 , wie gesagt. Dann war mir so zumute, als müsse ich auch mal auf dem Bahnsteig 4 in den Interzonenzug einsteigen dürfen und nicht nur hinterher winken müssen.
Also: Ab nach Zwickau zum Anwalt, der sich um solche Wünsche kümmerte. Normalerweise
wollten die Leute „RAUS“. Ich wollte ganz bescheiden nur mal „NACH DEM WESTEN“. Und
dann wiederkommen, zufrieden sein und weiter arbeiten............. „Ja, Herr Schierl, wir wollen lieber drei Parteisekretäre für immer gehen lassen, als einen Pfarrer zu verlieren“ - wurde mir beschieden und nachdem die Sache „durchgestellt“ war, durfte ich mir nach etwa 6 Wochen meinen ersten DDR – Reisepass in Plauen abholen. Stolz ist gar kein Ausdruck – aber solchen empfand ich doch. War ich doch endlich ein wirklich anerkannter Staatsbürger, der auch würdig war, einen Reisepass sein eigen zu nennen. Und der Gipfel: Da meine liebe Frau die etwas andere Bürgerschaft hatte, durften wir sogar mit dem eigenen PKW fahren. Ein Wartburg-Auto. Kombi, Tourist, schneeweiss mit rotem Signalstreifen. Tolles Gefährt und durchaus würdig, nach dem Westen zu fahren.
Irgendwie ging es mir in meinen früheren Jahren auch so. Ich wollte raus..... Meine Frau durfte das ja als rumänische Staatsangehörige, sie durfte in alle Richtungen reisen, keiner hatte was dagegen. Unsere Jungs durften das auch, denn auch sie waren unter den Schirm des grossen Genossen Nikolaus Ceausescu gekommen und hatten dessen Staatsangehörigkeit. So war ich nun der einzige „Ausländer“ in dieser Familie, die in der DDR lebte, aber doch nicht zugehörig war. Komisches Gefühl, das. Irgendwie lebten wir in einer Nische, die wir eigentlich nicht wollten, die uns aber doch recht gut tat. Denn Freizügigkeit war und ist ein hohes Gut. Und so recht zu schätzen weiß nur der es, der es nicht hat oder erst neu erwerben muss. So habe ich nun bis zum Jahr 1984 meine Familie auf Bahnsteig 4 in Richtung Hof verabschiedet und auf Bahnsteig 3 wieder in Empfang genommen.
Die Jungs erzählten mir, wie sie mit den DDR - Grenzern und - Zöllnern rumgealbert haben, wie sie denen erklärten, dass es beim „Onkel Ernst“ in Helmbrechts „Nutella“ gibt und ihnen zu erklären versuchten, dass sie doch auch mal dorthin fahren sollten. Wie die Genossen von der Grenze damit leben konnten, dass Kinder ihnen die Wahrheit sagten, weiss ich nicht, aber die Jungs sind mit ihrer Mutter immer wieder gut nach Hause gekommen und sie hielten das, was sie erleben durften, für ganz selbstverständlich. Sie haben die Grenze auch von der anderen Seite gesehen und wußten, wohin der Stacheldraht zeigte. So war das halt, wenn man in einer internationalen Familie lebte. Heute hätte man dafür ganz andere Begriffe: Multi-Kulti oder so...... Bis zum Jahr 1984 , wie gesagt. Dann war mir so zumute, als müsse ich auch mal auf dem Bahnsteig 4 in den Interzonenzug einsteigen dürfen und nicht nur hinterher winken müssen.
Also: Ab nach Zwickau zum Anwalt, der sich um solche Wünsche kümmerte. Normalerweise
wollten die Leute „RAUS“. Ich wollte ganz bescheiden nur mal „NACH DEM WESTEN“. Und
dann wiederkommen, zufrieden sein und weiter arbeiten............. „Ja, Herr Schierl, wir wollen lieber drei Parteisekretäre für immer gehen lassen, als einen Pfarrer zu verlieren“ - wurde mir beschieden und nachdem die Sache „durchgestellt“ war, durfte ich mir nach etwa 6 Wochen meinen ersten DDR – Reisepass in Plauen abholen. Stolz ist gar kein Ausdruck – aber solchen empfand ich doch. War ich doch endlich ein wirklich anerkannter Staatsbürger, der auch würdig war, einen Reisepass sein eigen zu nennen. Und der Gipfel: Da meine liebe Frau die etwas andere Bürgerschaft hatte, durften wir sogar mit dem eigenen PKW fahren. Ein Wartburg-Auto. Kombi, Tourist, schneeweiss mit rotem Signalstreifen. Tolles Gefährt und durchaus würdig, nach dem Westen zu fahren.
Also los. Erste Hürde: Autobahnauffahrt Schleiz – falsche Richtung, wie der grün Uniformierte am Wachhäuschen meinte. Den habe ich gern ignoriert, weil ich denken wollte, er könne mich mal.... Einfahrt in das Grenzgebiet Blintendorf – wieder ein grün Uniformierter. „Bürger, Sie sind hier falsch !“ - „Nein, Herr Wachtmeister, wir sind hier richtig, wir haben gültige Reisedokumente....“ Weiterfahrt in die mittlere Kleinstadt „Grenzkontrollpunkt Hirschberg“. Ein Wahnsinn!!!! Der Genosse an der Einfahrt begrüßt uns mit ausgesuchter Höflichkeit und weist uns eine Fahrspur zu, auf der wir uns der Grenzkontrolle zu präsentieren haben. Der nächste Genosse nimmt seine Mütze ab und schaut erst mal nach, ob unter der Sitzbank, auf der unser damals 3-jähriger Benjamin schläft, vielleicht noch einer ist. War aber keiner da. Reisepässe werden einbehalten und verschwinden in einer ominösen Klappe, von der keiner sieht, wohin sie führt. Gut. Akzeptiert,. Mal sehen, wie das weitergeht. Es kommt der DDR-Zoll: „Bitte öffnen Sie Motorhaube und Kofferklappe – was soll zum Verbleib außerhalb der Deutschen Demokratischen Republik bestimmt sein?“ Auch der Genosse ist auffallend höflich und zuvorkommend. Benjamin schläft noch immer...Offensichtlich wissen uns die uniformierten Herren nicht wirklich einzuordnen. Junge Eheleute mit Kind und ganz gutem Auto, das so nicht jeder hat..... Gibt zu denken..... Am Ende der Kontrollstrecke bekommen wir unsere Dokumente wieder und dürfen weiterfahren auf die Saalebrücke. Der Puls ist auf 180 ! Dann der weisse Strich – der WESTEN:Rudolfstein, Grenzkontrollpunkt der Bundesrepublik Deutschland. Ein leger angezogener Beamter, ganz anders als der,der uns eben verabschiedet hat, begrüßt uns. Was wollen Sie denn hier ? Wohin wollen Sie denn ? Wollen Sie in die DDR zurückkehren und wenn ja , wann und über welchen Grenzübergang? Ja, da fahren Sie am besten gleich mal da links raus..... Und schon wieder sind unsere „Reisedokumente“ verschwunden. Diesmal hat sie der bayerische Grenzbeamte, der uns durchaus nicht sehr freundlich begrüßt. Puls ist wieder auf 180, aber diesmal anders. Es mögen 10 Minuten sein , dann kommt er wieder, der Bayer. Und siehe, es ist ein Wandel mit ihm geschehen..... Familie Schierl, Sie werden in Helmbrechts erwartet, das Kaffeewasser kocht schon und Sie sind herzlich willkommen. Wissen Sie, wie Sie zu fahren haben??
Nun ist also auch diesen Kameraden klar geworden, dass wir nicht bei der „Firma“ sind, sondern nur ein paar Exoten, die sich den Luxus erlauben, von Deutschland nach Deutschland zu fahren. 10 Tage waren wir dort und ich habe viel gelernt. Z.B. wie man einen westdeutschen Wasserhahn bedient, um sich die Hände zu waschen, z.B. dass die einzeln eingepackten Kartoffeln in Wirklichkeit „KIWI“ heissen und wie Stachelbeeren schmecken, z.B. wie das mit dem Autobahnklo funktioniert, was mir erst ein kleiner Türkenjunge zeigen mußte oder dass man nicht so einfach auf Ostfelgen Westreifen aufziehen kann, wenn man die nötige Ausrüstung dazu nicht hat. Schön war's schon. Und als wir zuletzt über Herleshausen / Eisenach das gelobte DDR-Land wieder erreichten, war es zunächst ein Hustenanfall, der mich daran erinnerte, wieder im Zweitakter- Gebiet angekommen zu sein.
Lustig war das mit der Zollkontrolle: Unser „Persil“-Karton wurde geröntgt, die Broschüren für meine Gehörlosengemeinde wurden einer hochnotpeinlichen Untersuchung unterzogen und am Ende wurde mir beschieden, ich dürfe diese Druckerzeugnisse aus der BRD in die DDR einführen. Offensichtlich hatte der Zöllner ein weites Herz für gehörlose Mitmenschen. Oder er dachte sich, dass ein „bischen Bibel“ ja nichts schaden könne. Aber vielleicht hat ihn der liebe Gott ja auch nur mit Blindheit geschlagen.....?!
Nun ist also auch diesen Kameraden klar geworden, dass wir nicht bei der „Firma“ sind, sondern nur ein paar Exoten, die sich den Luxus erlauben, von Deutschland nach Deutschland zu fahren. 10 Tage waren wir dort und ich habe viel gelernt. Z.B. wie man einen westdeutschen Wasserhahn bedient, um sich die Hände zu waschen, z.B. dass die einzeln eingepackten Kartoffeln in Wirklichkeit „KIWI“ heissen und wie Stachelbeeren schmecken, z.B. wie das mit dem Autobahnklo funktioniert, was mir erst ein kleiner Türkenjunge zeigen mußte oder dass man nicht so einfach auf Ostfelgen Westreifen aufziehen kann, wenn man die nötige Ausrüstung dazu nicht hat. Schön war's schon. Und als wir zuletzt über Herleshausen / Eisenach das gelobte DDR-Land wieder erreichten, war es zunächst ein Hustenanfall, der mich daran erinnerte, wieder im Zweitakter- Gebiet angekommen zu sein.
Lustig war das mit der Zollkontrolle: Unser „Persil“-Karton wurde geröntgt, die Broschüren für meine Gehörlosengemeinde wurden einer hochnotpeinlichen Untersuchung unterzogen und am Ende wurde mir beschieden, ich dürfe diese Druckerzeugnisse aus der BRD in die DDR einführen. Offensichtlich hatte der Zöllner ein weites Herz für gehörlose Mitmenschen. Oder er dachte sich, dass ein „bischen Bibel“ ja nichts schaden könne. Aber vielleicht hat ihn der liebe Gott ja auch nur mit Blindheit geschlagen.....?!
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen